Oftmals hatte ich davon geträumt unser Dorf, in dem ich bisher aufgewachsen bin, mal zu verlassen und mir neue und unbekannte Teile unserer Welt anzusehen. Nun ist es passiert. Erst gestern
hatte mich Timon, mein Vater gefragt ob ich ihn nicht auf einer Reise nach Hir begleiten wolle. Natürlich habe ich sofort ja gesagt und so sind wir noch am selben Tag zusammen aufgebrochen.
Über einen Tag dauerte unsere Reise bis wir in Hir ankamen. Hir ist eine von den Saratan erbaute Stadt mit über tausend Einwohnern. Für eine Fusnar wie mich ist die Stadt riesig zumal wir Fusnar
in Gemeinschaften mit etwa ein Hundert Personen leben. Mein Vater ist schon häufiger nach Hir gereist um dort Kräuter zu verkaufen, die er bei uns im Wald gesammelt hat. So auch dieses Mal.
Zuletzt hatten wir uns ein Zimmer für die Nacht in einer Taverne besorgt, die „Die Zwillinge“ genannt wird und einer Hunarkenfrau gehört. Dort betreten wir gerade unser Zimmer.
"Unser Tafli ist aber hübscher.", ist das erste was mir über die Lippen kommt als wir das Zimmer betreten. Das Zimmer ist etwa drei Meter breit und zwei Meter lang. Zwei einfache Betten aus
Leinen und Stroh befinden sich auf dem Boden. Ein Fenster gibt es nicht. Die Luft riecht abgestanden und muffig. Zwischen den Betten erkenne ich eine heruntergekommene Holzschüssel, die bereits
viele Risse und abgesprungene Ecken hat. Ich möchte gar nicht wissen wie vielen Gästen die Betten schon als Ruhestätte dienten und mir läuft es schaurig kalt den Rücken hinunter. "Sag Timon -
bist du sicher dass wir hier und nicht doch lieber im Wald bleiben sollten?", frage ich meinen Vater unsicher. "Keine Angst, Lynn. Ich hatte ja erzählt dass die anderen Rassen auch anders leben
als wir", versucht Timon mich zu beruhigen. "Und wenn ich mal muss?", frage ich frei heraus. "Dann gehst du auf den Flur hinaus, die Treppe hinunter und verlässt das Haus auf der Rückseite. Dort
findest du ein kleines Holzhäuschen, das extra dafür gemacht ist.", erklärt Timon. Ich glaube ich werde noch etwas Zeit brauchen um mich an die Stadt zu gewöhnen.
Timon und ich unterhalten uns noch einige Zeit bevor wir uns zur Ruhe begeben. Während Timon recht schnell einschläft, liege ich noch lange Zeit wach und versuche die Bilder dieses Tages zu
verarbeiten. Irgendwann schlafe auch ich ein...und träume von tausenden Leuten, die versuchen alle gleichzeitig in einen kleinen Raum zu gelangen. Dabei schaffen es einige hinein, während andere
hinausgedrängt werden. Überraschend erwache ich. Es ist nahezu totenstill. Lediglich das leise Atmen meines Vaters ist zu vernehmen. Ob ich will oder nicht...ich muss mal. Leise, denn ich will
Timon nicht wecken, stehe ich auf und ziehe mich rasch an. Bevor ich losgehe achte ich noch mal auf Timons Atem - alles ruhig und gleichmäßig.
Behutsam öffne ich die Zimmertür und gleite auf den Flur hinaus. Linker Hand erkenne ich im flackenden Licht einer Fackel die zuvor beschriebene Treppe nach unten. Ich schleiche zur Treppe. Von unten aus dem Schankraum höre ich die Stimmen mehrerer Personen - dumpf und undeutlich. Geschickt steige ich nahezu lautlos die Treppe hinab und erreiche einen kleinen Flur von dem aus eine Tür auf der linken Seite vermutlich zum Schankraum führt, denn von dort sind nun deutlicher die Stimmen zu vernehmen. Eine weitere Tür auf der rechten Seite sowie eine gerade aus stehen mir zur Verfügung.
Zunächst schaue ich mir die Tür gerade aus näher an. Hinter der Tür höre ich ein Feuer brennen und ein leises Blubbern verrät mir das hier die Küche sein dürfte. Also wende ich mich zu der Tür auf der rechten Seite und öffne diese. Wie erwartet finde ich mich im Hinterhof der "Zwillinge" wieder. Hier ist es so dunkel das ich leider keine zwei Schritte weit sehen kann. "Wie gut das ich zaubern kann.", sage ich leise zu mir selbst. "Mar scha Rin", flüstere ich und schließe die Augen. Sofort entsteht ein zarter gelber Lichterschein, der von mir ausgeht. Der Hinterhof ist kleiner als ich dachte und von einer Mauer umgeben. In der einen Ecke erkenne ich das kleine Holzhaus, das Timon mir beschrieben hatte und husche hinein.
Als ich es gerade wieder verlassen will höre ich wie jemand ruckartig die Tür zum Haupthaus aufreißt und laut krakeelend in den Hinterhof tritt. "Deem weerde isch es nooch haiimsahlen", lallt da
jemand und ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Da hat wohl jemand zu tief ins Glas geschaut. Ich verlasse das Holzhäuschen und gehe auf die Tür zum Haupthaus zu. Der betrunkene Saratan hat
sich an die Mauer des Hauses gelehnt und döst vor sich hin.
Plötzlich sehe ich wie jemand über die etwa 1,5 Meter hohe Mauer springt, mit schnellem und gekonntem und geducktem Schritt auf den Betrunkenen zu läuft. Ich kann denjenigen nur als ein Schatten
erkennen, weil er dunkel gekleidet ist. Nun erreicht er den, an der Mauer lehnenden Mann und macht sich an dessen Jacke zu schaffen. Ich traue meinen Augen nicht. Der Mann wird tatsächlich
bestohlen. "He!", rufe ich laut. Der Dieb dreht sich zu mir um und ist sichtlich überrascht - mich hatte er zuvor anscheinend nicht gesehen - ein Vorteil den man als kleiner Fusnar öfter hat.
Nach einem Schreckmoment in dem der Dieb anscheinend überlegt ob er fliehen soll oder nicht, richtet er sich auf und geht langsam auf mich zu. "Wen haben wir denn hier?", spricht er leise vor
sich hin, "Eine neugierige Fusnar. Na, willst du mich etwa der Stadtwache melden?".
Ohne eine Antwort abzuwarten rast er plötzlich auf mich los, packt mich und hält mir mit einer Hand den Mund zu. Sein fester Griff macht es mir unmöglich mich zu bewegen - wenngleich ich es
versuche. "Tut mir Leid, kleine, du hast dummer Weise zu viel gesehen", flüstert er in mein Ohr. Der betrunkene Saratan bekommt nun endlich auch mal etwas mit und fängt an sich an der Mauer
aufzurichten, während er weiter lallende Worte in den Hinterhof grölt. "Heeehee...dascha maaa n Liebeschpääärchen oda wie?". Irgendwie hat er die Situation nicht richtig erkannt. Ich bekomme
Angst...schreckliche Angst. Was wird der Dieb mit mir tun? Wer ist er überhaupt? Und warum ist er nicht einfach geflohen?
Ehe ich mir die Fragen beantworten kann zieht mich der Dieb in Richtung Mauer. Geschickt holt er aus seiner Tasche ein Tuch und stopft es mir in den Mund. Ich versuche natürlich zu schreien, doch
es gelingt mir nicht. Danach holt er eine Art Sack hervor und stülpt ihn mir über den Kopf. Nun kann ich nichts mehr sehen, spüre aber wie mich der Dieb hochhebt und einfach auf seine Schulter
lädt - eindeutig ein Nachteil wenn man ein kleiner, leichter Fusnar ist. Dann läuft er mit mir davon. Ob ich nun will oder nicht...ich bin entführt worden!
Nach einer scheinbaren Ewigkeit voller Angst, denn ich habe ja keine Ahnung was nun mit mir passieren wird, wird der Lauf des Diebes langsamer. Der Sack wird mir vom Kopf gezogen und ich erblicke
einen, aus rundlichen Feldsteinen gemauerten Raum, der etwa fünfmal fünf Meter groß ist und von einer Öllampe erhellt wird, die an einer der Wände hängt. In der einen Ecke befindet sich eine
Treppe nach oben an deren Ende eine hölzerne Luke angebracht ist. In dem Raum sind an den Wänden einige Holzregale, die mit allerlei Schnickschnack gefüllt sind...Flaschen, Kisten, Metallhaken
und sowas. Ich selbst sitze gefesselt auf einem Holz-Stuhl - mitten im Raum.
Der Dieb sieht trotz des Lichtes total finster und einschüchternd aus. Seine Stoff-Kapuze macht es unmöglich in sein Gesicht zu schauen. Nun entfernt er mir den Knebel. Ich beginne zu zittern als
seine Hand sich meinem Gesicht nähert.
"Was hast du mit mir vor!?, Wo bin ich!?", schreie ich ihn an so, laut ich kann - vielleicht hört mich ja jemand und kommt zur Hilfe. "Du kannst schreien so viel du willst - hier hört dich niemand.", gibt er zu verstehen, "Du hast mich gesehen als ich den dicken Kaufmann bestohlen habe.". Bilder rasen durch meinen Kopf. "Gesehen?", frage ich mit zitternder Stimme, " du bist so dunkel angezogen das von Sehen wohl nicht die Rede sein kann". "Du hast mich wegen meiner Kleidung vielleicht nicht erkannt, aber du hast mich gesehen, kannst mich beschreiben und schon das reicht, denn dass ich den Kaufmann bestohlen habe darf niemand wissen", antwortet er mit fester Stimme.
"Was soll es nützen wenn ich den Soldaten erzähle das jemand in dunkler Kleidung den Kaufmann bestohlen hat?", frage ich mein Gegenüber, "Diebe werden wohl eher selten unverkleidet in bunten Kleidern durch die Nacht ziehen.". "Du verwechselst da etwas.", antwortet er und schaut mich dabei mit einschüchterndem Blick an, "Ich bin nicht irgendein Dieb, der irgendwen um einiges Geschmeide erleichtert. Mich nennt man den Nachtwind". Bei dem letzten Satz richtet er sich auf und stellt sich imposant in Pose. Ich schaue ihn fassungslos an. Gespannt wartet er einen Moment auf was auch immer. Vielleicht darauf dass ich vor ihm auf die Knie falle oder zu Klatschen beginne. "Du hast noch nicht von mir gehört, oder?", fragt er auffallend zögerlich.
"Nun, wie soll ich es ausdrücken...", beginne ich, "...kurz gesagt: nein". Offensichtlich beleidigt sinken seine Mundwinkel nach unten. "Dann hättest du den Soldaten gar nicht sagen können wer
ich bin?". Ohne eine Antwort abzuwarten fährt er fort und redet dabei mehr zu sich selbst als zu mir. "Dann hätte ich dich ja gar nicht mitnehmen müssen, denn dann hätte es ja auch irgendwer sein
können, der den Dicken beraubt hat. So ein Mist!", er fuchtelt wild mit den Armen in der Luft herum und sieht dabei immer verärgerter aus. "Bei den Göttern, was mache ich denn jetzt mit dir?". Er
legt seine Stirn in Falten und beginnt nachzudenken. "Was hälst du davon, wenn du mich einfach gehen lässt, denn ich kenne dich ja gar nicht?", frage ich mit einem Lächeln - mal sehen ob er
darauf hereinfällt. "Denkst du etwa ich habe meine Sinne nicht beisammen? Ich habe dir doch eben erklärt, wer ich bin. Genau das würdest du doch den Soldaten sagen", schießt es aus seinem
Munde.
Mir wird klar dass er mich nicht einfach so gehen lassen wird und ich merke wie die Angst erneut in mir empor steigt. Ich muss hier raus...fliehen...nur wie? Während ich den Raum nach irgendetwas
absuche, was mir helfen könnte, tritt er einen Schritt auf mich zu und beginnt mich vom Stuhl loszubinden. "Was hast du vor?". Meine Stimme zittert voll Vorahnung. "Es tut mir leid aber da du nun
weißt wer ich bin und ich um jeden Preis verhindern muss das jemand erfährt das ich den Dicken bestohlen habe, bleibt mir nichts anderes übrig als...", beginnt er. "Als was?", möchte ich wissen.
"Als dich verschwinden zu lassen". Seine Worte schlagen wie ein Stein in mein Gesicht. Er ist also nicht nur ein Dieb sondern auch jemand der einen Mord nicht scheut um unerkannt zu bleiben. Ich
flehe ihn an, beginne zu weinen, schreie ihn an das er mich gehen lassen soll, doch er reagiert darauf nicht. Ich bekomme Panik. Er hingegen stülpt mir erneut den Sack über den Kopf nachdem er
mich mit dem Tuch mundtot gemacht hat. Erneut werde ich fort geschleppt. Die steilen Stufen der Treppe hinauf. Kurz danach atme ich frische Luft.
Als mir der Sack wieder abgenommen wird befinden wir uns unter freiem Himmel. Ich sehe die Sterne am Firmament und den Mond, der hell und gleichmäßig alles in goldene Farben hüllt. Wir stehen
ganz in der Nähe eines breiten Flusses außerhalb der Stadt, deren Lichter ich in einiger Entfernung sehen kann. Da in der Nähe der Stadt Hir nur der Rinda Fluss liegt, müssen wir wohl an dessen
Ufer sein. "Wie gesagt. Es tut mir Leid", sagt der Nachtwind, während er unter seinem schwarzen Vorhang ein Kurzschwert hervorholt. Da ich immer noch geknebelt bin, bringt mein Versuch zu
schreien gar nichts. Vor Angst bewegungslos sehe ich wie er mit dem Schwert ausholt...
Mein Herz macht ohne Zweifel die letzten paar Schläge, die ihm bleiben. Starr ist mein Blick auf das, im Mondlicht blitzende Schwert fixiert. Als ich sehe wie es auf mich niederfährt schließe ich
die Augen....
...ein Geräusch von Metall auf Metall und der irgendwie fehlende Schmerz bringen mich dazu die Augen wieder zu öffnen. Gerade sehe ich noch wie das Schwert des Nachwindes an mir vorbei in den
sandigen Boden zu meiner rechten schlägt. Der Nachtwind blickt entsetzt auf seinen verpatzten Angriff als ich eine riesige, unbekleidete, strahlend weiße Person keine zwei Schritte zu seiner
linken wahrnehme, die ebenfalls mit einem Schwert bewaffnet ist und damit den Angriff auf mich umgelenkt hat.
Der Nachtwind kommt wieder zu Sinnen, springt geschickt einen Schritt zurück und bringt sich erneut in Angriffsposition. Diesmal aber zum neuen Widersacher gewandt. Dieser schreitet ebenfalls
einen Schritt zurück.
Nun erkenne ich auch um wen oder was es sich dabei handelt, denn ich bin ihm schon einmal begegnet...
"Wie könnt Ihr es wagen!", schreit der Nachtwind dem Kirjan entgegen und richtet sein Schwert auf ihn. Das porzelanartige Gesicht des Kirjan zeigt keine Miene und ich frage mich ob diese Wesen
überhaupt einen Gesichtsausdruck haben können. "Nur damit Ihr es wisst mit wem Ihr es zu tun habt.", fährt der Nachtwind stolz fort, "Ich bin der Nachtwind ein gefürchteter Dieb und Kämpfer".
Wenn der dem Kirjan damit Angst machen wollte, hat er sein Ziel nicht erreicht.
Eine Stimme, die so tief ist das es ich es in der Bauchgegend spüren kann erhebt sich und klingt dabei so gewaltig wie eine Herde fliehender Pferde obwohl die gesprochenen Worte sehr langsam aus
dem Mund des Kirjan dringen. "Ich zeige euch gerne Gründe zum fürchten".
Das Schwert des Kirjan bleibt unverändert auf den Nachtwind gerichtet, während sein linker Arm langsam eine zweite Waffe zieht, die sich wie ein gigantischer Wespenstachel ebenfalls auf den Dieb
richtet. Damit nicht genug. Wie ich bei meiner ersten Begegnung schon lernen durfte, haben die Kirjan vier Arme statt zwei. Die letzten beiden Arme greifen nun über die Schultern des Kirjan zu
zwei weiteren Schwertern, die sich in ledernen Schwertscheiden auf dem Rücken des Kirjan befinden.
Wie in Zeitlupe richten sich auch diese auf den Nachtwind, der vor lauter Staunen zu keiner Reaktion fähig ist. Nun beginnt der Kirjan seine vier Arme mit langsam kreisenden Bewegungen zu
schwingen, während sich die Schwerter um die Handgelenke drehen und sich so ein Wirbel von Tanzenden und drehenden Schwertschneiden ergibt. Der Kirjan erhöht allmählich die Geschwindigkeit des
Tanzes und wirkt dabei derart elegant und überlegen das der Nachtwind es mit der Angst bekommt und schnell wie der Wind davon läuft.
Der Kirjan lässt ihn ziehen und steckt seine Waffen in die Halterungen zurück. "Ist Euch ein Leid geschehen?", fragt er mit immer noch tiefer aber jetzt zarter klingender Stimme. Ich zittere
immer noch und sacke erschöpft zu Boden. "Ich hoffe es wird nicht zur Gewohnheit das Ihr jedes Mal bei meinem Anblick der Ohnmacht nahe seid", ergänzt der, schon im normalen Stand beeindruckend
aussehende Wüstenbewohner.
"Nein, diesmal liegt es nicht an Euch", stottere ich vor mich hin, "Euch gilt mein Dank, denn ihr habt soeben mein kleines Leben gerettet". "Nun wenn es denn eben ernsthaft in Gefahr war, habe ich das wohl getan, doch ihr wärt sicherlich mit eurem Widersacher auch alleine fertig geworden.", scherzt der Kirjan, "Man nennt mich Astanor und es war mir eine Ehre". "Ihr beliebt zu scherzen", antworte ich und stehe wieder auf. "Ich bin Lynn. Und ...nein, ich hätte ihn nicht besiegen können. Er hatte mich entführt. Wie kann ich Euch nur danken und wo seid Ihr eigentlich hergekommen und warum habt Ihr mir geholfen?", frage ich gleich mehrere Dinge auf einmal. "Ich... kam von dort.", sagt Astanor und zeigt in Richtung Süden, "ich habe euch beide eine Weile beobachtet und als deutlich wurde das er Euch Leid antun wollte, musste ich einfach eingreifen. Das ist mein Verständnis von Gerechtigkeit.", erklärt Astanor, "Danken könnt und müsst ihr mir nicht dafür".
Mit einem verständnislosen Lächeln und Kopfschütteln reiche ich ihm meine Hand. "Habt dennoch Dank, Astanor". Er erwidert meinen Handschlag. Seine Haut fühlt sich sehr weich und glatt an - gar
nicht wie die eines Kämpfers. "Wir werden uns sicherlich noch einmal begegnen", sagt er mit einer leichten Verbeugung. Dann blickt er über seine Schultern in Richtung Stadt. "Zeit für mich zu
gehen.", ergänzt er, "Lebt wohl, Lynn. Bis bald". Geschmeidig wie eine Raubkatze gleitet er in den Wald südlich der Stadt und ist schon nach einigen Metern nicht mehr zu erkennen. Und das trotz
seiner strahlend weißen Hautfarbe und seiner imposanten Körpergröße von etwa zweieinhalb Metern.
Ich schaue ihm nach und überlege was ich nun tun soll als ich Stimmen aus Richtung der Stadt höre. Kurz darauf sind viele Schritte zu vernehmen. Eine Vielzahl Soldaten kommt auf mich zugelaufen.
Ein Stück hinter ihnen fliegt mein Vater...
"Timon", rufe ich und renne auf ihn zu. Wir fallen uns in die Arme und drücken einander so fest das es beinahe schmerzt. Die Soldaten suchen die Gegend ab. Ausführlich berichte ich was alles
passiert ist - nur den Namen der Kirjan behalte ich für mich. Ich weiß nicht genau warum aber irgendwie habe ich das Gefühl das Astanor ihn den anderen nicht genannt hätte. Timon und auch die
Soldaten können es kaum fassen. "Als ich merkte dass du fort bist, bin ich sofort zur Stadtwache gelaufen.", erklärt Timon,
"Ich habe mir solche Sorgen gemacht und mache mir schreckliche Vorwürfe". "Das musst du nicht, denn du kannst da ja nichts für.", sage ich um ihm zu beruhigen. "Du bist nur meinetwegen mit nach
Hir gekommen - ich habe dich in große Gefahr gebracht". Timons Worte klingen traurig und beschämt. "Es ist ja alles gut gegangen", sage ich und meine es auch so, denn mein Herzschlag hat sich
schon längst wieder beruhigt. "Ich habe mehr erfahren als nur zu sehen wie die Saratan so leben", scherze ich und hake meinen Vater ein. Gemeinsam gehen wir zurück in die Stadt zu der Taverne
"Zwillinge".
Am nächsten Morgen erfahren wir beim Frühstück von den Soldaten das man das Haus des Nachtwindes gefunden hat und dort allerlei Diebesgut sicherstellen konnte. Er selbst bleibt aber wie vom
Erdboden verschwunden.
Gegen Mittag brechen wir auf in unser Dorf. Ich freue mich schon darauf Jül alles zu erzählen, denn dafür sind beste Freundinnen ja da.
Mein Gefühl sagt mir das ich nicht nur den Kirjan noch einmal sehen werde...